Konzernergebnis belastet durch operative Verluste und hohe Wertberichtigungen in Nordamerika

Sehr geehrte Aktionärin, sehr geehrter Aktionär

2019 war ein für die Automobilindustrie extrem herausforderndes Jahr. Die anhaltend schwache Weltkonjunktur, weiterhin bestehende Handelsstreitigkeiten und die zunehmende Regulierung der Mobilität haben sich negativ auf die Fahrzeugnachfrage ausgewirkt. Doch auch intern war 2019 für Autoneum ein Jahr des Wandels. So hat eine durch die neue Konzernleitung im Herbst durch­geführte Situationsanalyse ergeben, dass die kurz- und mittelfristige Geschäftsentwicklung des Konzerns neu bewertet werden muss. In der Business Group North America haben sich die operativen und kommerziellen Probleme als weiter reichend erwiesen als ursprünglich ange­nommen. Dementsprechend ist das im Frühjahr 2019 lancierte Turnaroundprogramm Anfang 2020 durch ein dezidiertes, weit umfassenderes Programm für die nordamerikanischen Standorte ersetzt worden.

Umsatzwachstum trotz rückläufigen Weltmarkts

Infolge der Nachfrageschwäche ist die Zahl der weltweit produzierten Fahrzeuge 2019 gegenüber dem Vorjahr erneut und deutlich gesunken, wobei das Produktionsminus mit knapp –6% wesentlich ausgeprägter war als 2018. Dank zahlreicher Neuanläufe und des vorteilhaften Modellportfolios konnte Autoneum trotz der globalen Marktabkühlung ein organisches Umsatzwachstum1 von 2.5% erzielen. Der in Schweizer Franken konsolidierte Umsatz stieg von 2 281.5 Mio. CHF um 0.7% auf 2 297.4 Mio. CHF.

  1. 1 Umsatzveränderung in Lokalwährungen, bereinigt um Hyperinflation.

Hans-Peter Schwald

Präsident des Verwaltungsrats

Matthias Holzammer

Chief Executive Officer

Profitabilität2 leidet unter operativen Ineffizienzen und Wertberichtigungen

Operative Ineffizienzen in Nordamerika und Wertberichtigungen auf Anlagen in dieser Region sind der Hauptgrund für das 2019 erstmalig negative Konzernergebnis. Zusätzlich wirkten sich die stark gesunkene Automobilproduktion in Europa und China sowie die damit verbundene schwächere Auslastung der Fertigungskapazitäten in den betroffenen Business Groups negativ auf die Profitabilität des Konzerns aus. Dementsprechend sank das EBITDA vor IFRS-16-Effekten auf 126.0 Mio. CHF (2018: 197.2 Mio. CHF), was einer EBITDA-Marge von 5.5% entspricht (2018: 8.6%). Der Einmaleffekt aus Wertberichtigungen in Höhe von –68.0 Mio. CHF hat das EBIT belastet, wodurch es sich auf –32.9 Mio. CHF (2018: 114.1 Mio. CHF) reduzierte. Ohne diesen Einmaleffekt summierte sich das EBIT auf 35.0 Mio. CHF. Die EBIT-Marge lag 2019 vor Wert­berichtigungen bei 1.5%, unter Berücksichtigung derselben bei –1.4% (2018: 5.0%).

  1. 2 Die Zahlen des Geschäftsjahrs 2019 beinhalten IFRS-16-Effekte.

Niedrigere Eigenkapitalquote durch gestiegene Nettoverschuldung

Die im Jahresverlauf anhaltend hohen operativen Verluste und Wertberichtigungen auf Anlagen haben im Geschäftsjahr 2019 zu einem Konzernverlust in Höhe von –77.7 Mio. CHF geführt (2018: Konzerngewinn von 74.7 Mio. CHF). Die operativen Verluste der Business Group North America und Investitionen ins Anlagevermögen resultierten in einem negativen Free Cashflow von
–9.9 Mio. CHF (2018: –40.7 Mio. CHF). Trotz des schlechteren Ergebnisses konnte der Free Cashflow 2019 jedoch gegenüber dem Vorjahr verbessert werden. IFRS 16 erforderte zudem eine Neubilanzierung von geleasten Sachanlagen und damit einhergehenden Verbindlichkeiten im Umfang von je 301.6 Mio. CHF. Dadurch reduzierte sich die Eigenkapitalquote per 31. Dezember 2019 auf 27.1%. Auf vergleichbarer Basis, ohne IFRS-16-Effekte, lag die Eigenkapitalquote bei 32.7%. Die Nettoverschuldung exklusive IFRS-16-Effekte stieg auf 355.2 Mio. CHF (31. Dezember 2018: 283.7 Mio. CHF). Autoneum ist mit den beiden 2016 und 2017 ausgegebenen Anleihen, der langfristigen Kreditvereinbarung mit einem Bankensyndikat und zwei Aktionärsdarlehen weiterhin solide finanziert.

Im Einsatz für die Mobilität der Zukunft

2019 hat Autoneum erneut verschiedene innovative Komponenten lanciert, die Fahrzeughersteller in der Produktion leiser, leichter und umweltfreundlicher Fahrzeuge unterstützen. Die multifunktionalen Leichtbaukomponenten sind für Fahrzeuge aller Antriebsarten gleichermassen geeignet. Dies bedeutet für Fahrzeughersteller sowohl in der Vorentwicklung wie auch der Serienproduktion von Modellen einen grossen Vorteil und macht Autoneum zu einem gefragten Zulieferer für automobiles Lärm- und Wärmemanagement. Mit Batterieunterschildern aus Ultra‑Silent hat das Unternehmen erstmals diese textile Unterbodentechnologie für den Einsatz in Elektrofahrzeugen adaptiert. Diese Batterieunterschilder wirken geräuschisolierend und reduzieren sowohl den Lärm, der in die Passagierkabine dringt, wie auch den Vorbeifahrlärm. Geräuschreduzierende Komponenten sind auch für Elektromodelle unverzichtbar. Externe und interne Lärmquellen wie elektrische Antriebselemente, Lüfter oder Pumpen sind bei dieser Fahrzeugkategorie verstärkt wahrnehmbar und beeinflussen entsprechend den Fahrkomfort. Gleichzeitig tragen Batterieunterschilder aus Ultra-Silent durch ihr Leichtgewicht zu mehr Fahrreichweite bei. Angesichts der weltweit zunehmenden Regulierung des Vorbeifahrlärms bietet Autoneum Kunden neu die multifunktionale Radhausverkleidung Alpha-Liner an, die Abrollgeräusche hocheffizient dämmt und bei der die Geräuschabsorption an die spezifischen Anforderungen des Fahrzeugmodells angepasst werden kann. Alpha-Liner-Radhausverkleidungen sind dank ihres hohen Anteils an rezyklierten PET-Fasern und ihrer Wiederverwertbarkeit besonders umweltfreundlich.

Führend in der Digitalisierung des Akustikmanagements

Autoneum setzt nicht nur mit seinen innovativen Komponenten und Technologien Standards im automobilen Lärm- und Hitzeschutz, sondern auch digital als erster Zulieferer weltweit mit einem Konfigurator für das Akustikmanagement von Fahrzeugen. Das Online-Portal «Acoustic Garage» (acoustics.autoneum.com) basiert auf der einzigartigen Simulationsexpertise von Autoneum und bietet ein umfassendes Informations- und Produkterlebnis rund um den Lärmschutz im Auto. Nutzer – ob Kunden oder Endverbraucher – können dabei ein Produktpaket nach individuellen Anforderungen anhand ausgewählter Kriterien wie Leichtbau, Nachhaltigkeit oder Ästhetik konfigurieren. Auf diese Weise unterstützt Autoneum Fahrzeughersteller dabei, in zukünftigen Modellen eine optimale Akustik sicherzustellen.

Neue Konzernleitung mit starker operativer Expertise

Mit Matthias Holzammer und Bernhard Wiehl hat der Verwaltungsrat im Oktober 2019 zwei neue Mitglieder der Konzernleitung ernannt. Matthias Holzammer hat als CEO die Führung des Unternehmens von Martin Hirzel übernommen, unter dem Autoneum zum international anerkannten Markt- und Technologieführer für Akustik- und Wärmemanagement avanciert ist. Matthias Holzammer hat seine operative Expertise unter anderem als langjähriger Leiter der Business Group Europe unter Beweis gestellt, die er ab 2012 erfolgreich restrukturierte und bis zu seinem Austritt Anfang 2019 zu einer hochprofitablen Business Group transformierte. Mit dazu beigetragen hat Bernhard Wiehl, der als Nachfolger von Dr. Martin Zwyssig Ende Oktober 2019 zum CFO des Konzerns ernannt worden ist. Bernhard Wiehl verantwortete von 2013 bis 2019 den Bereich Finance & Controlling der Business Group Europe.

Bereits Anfang 2019 hat Dr. Alexandra Bendler die Nachfolge von Matthias Holzammer in der Führung der Business Group Europe angetreten. Sie hatte seit ihrem Eintritt in das Unternehmen 2008 verschiedene Führungspositionen inne, unter anderem war sie Leiterin Konzernstrategie & Marketing und für den Vertrieb und das Projektmanagement der Business Group Europe verantwortlich. In Nordamerika hat Greg Sibley die Leitung der entsprechenden Business Group nach einer Übergangsphase am 1. Juli 2019 von Fausto Bigi übernommen, der diese seit Anfang 2019 interimistisch geführt hatte. Insbesondere seine umfassende Expertise in den Bereichen Produktion, Entwicklung und Vertrieb bei führenden Automobilzulieferern prädestiniert Greg Sibley für die Bewältigung der bestehenden Herausforderungen in Nordamerika.

Verwaltungsrat beantragt Verzicht auf Dividendenausschüttung

Angesichts des deutlichen Konzernverlustes beantragt der Verwaltungsrat anlässlich der Generalversammlung am 25. März 2020, auf eine Dividendenausschüttung für das Geschäftsjahr 2019 zu verzichten.

Business Groups

Die im Vergleich zum Vorjahr gesunkene Automobilproduktion führte bei der Business Group Europe 2019 zu einem Umsatzrückgang von –5.6% in Lokalwährungen. In Schweizer Franken sank der Umsatz um –8.5% auf 900.9 Mio. CHF (2018: 984.5 Mio. CHF). Zusätzlich zu den volumen­bedingten Profitabilitätseinbussen wirkten sich die weiterhin herausfordernde Arbeitsmarkt­lage und der Fachkräftemangel insbesondere in Osteuropa belastend auf das Ergebnis aus. Getrieben durch eine deutlich schwächere Kapazitätsauslastung und trotz eines frühzeitig implementierten Kostensparprogramms zur Reduktion der Fixkosten sank das EBIT im Berichtszeitraum auf 51.0 Mio. CHF (2018: 82.0 Mio. CHF), was einer EBIT-Marge von 5.7% entspricht (2018: 8.3%).

Die Business Group North America hat ihren Umsatz 2019 in einem ebenfalls rückläufigen Markt hauptsächlich aufgrund diverser Neuanläufe deutscher und japanischer Fahrzeughersteller währungsbereinigt um 7.2% gesteigert. In Schweizer Franken stieg der Umsatz auf 1 001.8 Mio. CHF (2018: 921.8 Mio. CHF). Im Geschäftsjahr 2019 verzeichnete die Business Group North America ein EBIT von –134.8 Mio. CHF (2018: –8.2 Mio. CHF), das einmalige Wertberichtigungen in Höhe von –62.0 Mio. CHF auf Anlagen beinhaltet. Da sich die unzureichende Profitabilität in Nordamerika nicht nur auf zwei defizitäre US-Werke beschränkt, ersetzt ein umfassendes, Anfang 2020 an den nordamerikanischen Standorten implementiertes Turnaroundprogramm das bereits im Frühjahr 2019 lancierte Vorläuferprogramm. Es fokussiert auf die Lösung der operativen und kommerziellen Probleme sowie die Verbesserung der Kostenstruktur.

Auch in Asien ist es der entsprechenden Business Group gelungen, den Umsatz in einem rückläufigen Markt zu steigern. So legte die Business Group in Lokalwährungen um 8.1% zu, getrieben durch volumenstarke und neue Programme europäischer und asiatischer Automobil­bauer. Der Umsatz in Schweizer Franken erhöhte sich auf 275.7 Mio. CHF (2018: 260.3 Mio. CHF). Merklich belastet wurde die Profitabilität durch die Kapazitätserweiterung der letzten Jahre, die auf das ursprünglich prognostizierte Wachstum des chinesischen Marktes ausgerichtet war. Dies und daraus resultierende einmalige Wertberichtigungen von Anlagevermögen in Höhe von
–6.0 Mio. CHF führten zu einem EBIT von 11.9 Mio. CHF (2018: 18.9 Mio. CHF). Vor Wert­berichtigungen erreichte die EBIT-Marge 6.5% (2018: 7.3%).

Ihren Wachstumskurs hat die Business Group SAMEA (Südamerika, Mittlerer Osten und Afrika) im Berichtsjahr weiter fortgesetzt. Trotz eines Markteinbruchs in dieser Region steigerte sie den Umsatz in Lokalwährungen inflationsgestützt um 32.7%. Ausschlaggebend dafür waren volumenstarke Exportprogramme in der Türkei und in Südafrika sowie im Vorjahresvergleich deutlich höhere Produktionsvolumen im SAMEA-Hauptmarkt Brasilien. Aufgrund der starken Abwertung verschiedener relevanter Währungen stieg der in Schweizer Franken konsolidierte Umsatz weniger deutlich um 12.8% auf 125.8 Mio. CHF (2018: 111.5 Mio. CHF). Dank der vorteilhaften Kapazitätsauslastung erwirtschaftete die Business Group ein EBIT von 10.7 Mio. CHF (2018: 10.8 Mio. CHF); die EBIT-Marge lag bei 8.5% (2018: 9.7%).

Ausblick

Für das Jahr 2020 erwartet Autoneum eine Umsatzentwicklung auf Marktniveau. Mit dem kompromisslosen Fokus auf den Turnaround und die Umsetzung der entsprechenden Massnahmen in Nordamerika strebt das Unternehmen deutliche Profitabilitätssteigerungen und ein leicht positives Konzernresultat an. Zudem ist von einem Free Cashflow im mittleren zweistelligen Millionenbereich auszugehen, was sich positiv auf die Nettoverschuldung auswirken wird. Auf Basis weiterer operativer und finanzieller Verbesserungen im Jahr 2021 («Jahr des Übergangs») sollte Autoneum 2022 wieder ein gesundes Profitabilitätsniveau erreichen.

Dank

Ein besonderer Dank gilt den über 13 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Autoneum, für die das vergangene Jahr kein einfaches war. Trotz der damit verbundenen Herausforderungen geben unsere Mitarbeitenden täglich ihr Bestes, um das Unternehmen gemeinsam mit Verwaltungsrat und Konzernleitung auf den Erfolgspfad zurückzuführen. Unseren Kunden, Aktionärinnen und Aktionären und allen Wegbegleitern von Autoneum danken wir für ihre Loyalität und Treue gerade auch in dieser Unternehmensphase.

Winterthur, 3. März 2020

Hans-Peter Schwald

Präsident des Verwaltungsrats

Matthias Holzammer

Chief Executive Officer